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Notizen zum Verhältnis Staat und Christ

von Pfr. Reinhard Dannecker

„Seid der Obrigkeit untertan.“ (Röm 13,1) – „Man muss Gott mehr gehorchen, als den Menschen.“ (Apg 5,29). Ein Widerspruch? Wie passen diese beiden biblischen Leitlinien zusammen?

Der Staat hat während der Coronazeit unsere freiheitlichen Grundrechte massiv eingeschränkt. Manch einer sprach in diesem Zusammenhang von beginnender Verfolgung. Da muss man klar antworten: Nein, wir werden im Kampf gegen das Virus nicht verfolgt. Es hatten zu Beginn des Lockdowns nicht nur Kirchen geschlossen, sondern auch Geschäfte und Fussballstadien, Konzertsäle und Schulen. In jeder Phase staatlicher Massnahmen waren wir Kirchen privilegiert und weniger stark eingeschränkt als andere Gruppen.

Ja, das Versammlungsrecht war vorübergehend eingeschränkt. Wir entdeckten ganz neue Kanäle der Verkündigung. Wir konnten zu jeder Zeit Gottesdienst feiern und unseren von Gott gegebenen Auftrag, seine guten Nachricht zu verkündigen, wahrnehmen. Wichtig: Unser Staat kämpft mit den Massnahmen nicht gegen Christen; er kämpft gegen ein todbringendes Virus.

Eine unerträglich schmerzliche Ausnahme sei an dieser Stelle benannt: Man hat uns zu Beginn der Krise die Seelsorge an Schwerkranken und Sterbenden verwehrt und teilweise auch das Besuchsrecht durch Verwandte in unzulässiger Weise eingeschränkt. Ich kenne Fälle, in denen engste Angehörige zeitweise nicht ihre Liebsten besuchen durften. Ein Arzt meinte zu mir: „Wir Ärzte und das Pflegepersonal kämpfen an vorderster Front für das Wohl dieser Menschen – wo seid ihr als Seelsorger?“ Es hat mich erstaunt, dass die Kirche hier nicht lauter protestiert hat. Das darf sich nicht mehr wiederholen. An dieser Stelle haben die Einschränkungen auf nicht zu rechtfertigende Weise in grundlegende Menschenrechte eingegriffen.

Man kann die Schärfe der übrigen Massnahmen unterschiedlich bewerten. Ich hoffe für uns alle auf eine gründliche und unverstellte wissenschaftliche und politische Aufarbeitung nach der Krise und eine breite gesellschaftliche Diskussion. Welche Massnahmen waren sinnvoll? Welche waren es nicht? Welche waren sogar schädlich und kontraproduktiv?

Ich möchte daran erinnern: Im Moment nimmt der Staat das von Gott verliehene Mandat wahr und setzt sich – ich meine, nach bestem Wissen und Gewissen – zum Wohl der Menschen ein (Röm 13,1-7). Paulus spricht von der staatlichen Macht seiner Zeit bemerkenswerter Weise als „Gottes Dienerin“. Sie habe die von Gott übertragene Aufgabe, das Böse einzudämmen. Wir werden daher in der Heiligen Schrift aufgefordert, uns den politischen Verantwortungsträgern unterzuordnen.

Wie verträgt sich das mit der biblischen Aufforderung, Gott mehr zu gehorchen, als den Menschen? Nun: Auch die Mächtigen haben den Allmächtigen über sich. Ein Recht auf Widerstand gegen die Staatsgewalt gibt es tatsächlich. Ohne in die Tiefe der Diskussion zu gehen – prinzipiell gilt: Dann, wenn der Staat den Einzelnen zwingt, gegen Gottes guten Willen zu handeln, „muss man Gott mehr gehorchen, als den Menschen“. Die Barmer Theologische Erklärung, die massgeblich vom schweizer Theologen Karl Barth formuliert wurde im Kampf der Bekennenden Kirche gegen das Hitler-Regime, legt hier ein eindrucksvolles kirchengeschichtliches Zeugnis ab, das zeitlose Bedeutung hat.

Ein Pfarrer der Reformierten Kirche Basel-Stadt rief in einem nach heftigen Protesten längst gelöschten Facebook-Post indirekt zum Mord am damaligen amerikanischen Präsidenten auf – wegen dessen Versagen im Kampf gegen das Virus. Zumindest konnte man ihn so verstehen. Die Heilige Schrift gibt uns Christen einen anderen Rat im Umgang mit unliebsamen Politikern: Betet für die politischen Verantwortungsträger. Für ihn verbindet sich damit die Erwartung, dass Gott auf unser Gebet antwortet und uns im Gebet an seinem Handeln beteiligt (vgl. Off 8,1-5).

Das Gebet für die Obrigkeit verbindet Paulus mit einem ganz ähnlich Ziel, wie im Brief an die Römer, nämlich das Böse einzudämmen. Hier führt er noch genauer aus: „…damit wir ungestört“ – vom Bösen – „und in Frieden ein Leben führen können, durch das Gott in jeder Hinsicht geehrt wird und das in allen Belangen glaubwürdig ist“  (1Tim 2,2).

Nehmen wir also unsere Aufgabe war: Lasst uns weiter ungehindert die gute Nachricht verbreiten, dass Jesus lebt und dass er Sünde, Tod und Teufel besiegt hat. Und: Lasst uns für unsere Politiker beten.

Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen…

von Pfr. Reinhard Dannecker

„Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so blickt auf und hebt Eure Häupter empor, weil eure Erlösung naht.“

Lukas 21,28

Es gibt eine gesunde Reaktion auf schlechte Nachrichten und wilde Spekulationen: Auf Jesus schauen! Auf ihn, der das Vertrauen in ihn selbst geweckt hat und erhalten wird: Er ist der Anfänger und Vollender unseres Glaubens.

Immer wieder lese ich in diesen Tagen von spekulativen Verschwörungserzählungen und -mythen. In Videofilmchen und auf Internetseiten verbreiten sie sich und werden – leider häufig auch von Christen – begierig aufgenommen und weiterverbreitet. Christen als Missionare für möglicherweise richtige, möglicherweise aber auch – und das wäre höchst dramatisch! – völlig falsche Theorien. Oder sagen wir es im Klartext: Lügen. Das besondere an Verschwörungsmythen: Da werden einzelne Fakten kombiniert mit Spekulationen und Halbwahrheiten. Auf den ersten Blick klingt vieles plausibel, ja überraschend einleuchtend. Manch einer fragt sich, warum er die „offensichtlichen“ Zusammenhänge nicht schon viel früher gesehen habe…

Das Problem daran: In der Regel lassen sich diese Theorien nicht beweisen und auch nicht widerlegen. Schwierig wird es, wenn dann noch auf biblische Einzelaussagen verwiesen wird, die – aus dem Zusammenhang gerissen – dafür herhalten müssen, den Anschlag auf das World Trade Center oder nun das Coronavirus vorhergesagt zu haben. Und meistens – Vorsicht, Ironie – stecken sowieso die Freimaurer oder die Iluminati dahinter – ist doch klar…! Ein Theologe meint hierzu lapidar, er halte es „für immer wahrscheinlicher, dass all diese Verschwörungstheorien selbst ein Teil der endzeitlichen Verführung sind“. Mag sein – auch das ist Spekulation.

Jedenfalls ermutigt uns Jesus, mit einem wachen Blick das Tagesgeschehen wahrzunehmen – aber nicht, um uns dann wilden Spekulationen hinzugeben, sondern um uns daran erinnern zu lassen: Unsere Erlösung naht! Wenn Jesus uns anweist, Zeichen und Zeit deuten zu können, meint er damit nicht – und das scheint mir sehr wichtig –, dass wir alle weltgeschichtlichen Entwicklungen erklären müssen, sondern dass wir in allem den Hinweis erkennen: Du und ich – wir sind noch nicht im Himmel! Wir sind noch unterwegs. Er sagt: Schau nicht ängstlich auf das, was sich da in der Welt abspielt. Lass dich von all diesen Geschehnissen nur an eines erinnern: Deine Erlösung naht! Jesus kommt! Er hat das Heft in der Hand. Und er, Jesus, der den Glauben in dir geweckt hat, erhält diesen auch.

Ich ermutige uns dazu, den Spekulationen in all ihren Spielarten nicht zu viel Raum zu geben. Ich habe schon manche endzeitliche Theorie sogenannter „Endzeitexperten“ kommen und wieder gehen sehen – das Buch „Alter Planet Erde wohin“ von Hal Lindsay lässt grüssen. Auch das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des Johannes, gibt uns keinen detaillierten Endzeitfahrplan, sondern ist vor allem ein Buch der Anbetung und der Hoffnung, das angefochtenen und verfolgten Christen durch alle Jahrhunderte hindurch immer neu Hoffnung und Mut gegeben hat. Gerade nicht deswegen, weil es ausschliesslich von weit entfernt zukünftigen Dingen spricht, sondern weil es zu allen Zeiten aktuell war.

Daher: Wir sind nicht Botschafter spekulativer Theorien, wir sind Botschafter der Hoffnung! Botschafter der Liebe. Botschafter Jesu Christi. Die Antwort des Glaubens auf falsche und doch zumindest spekulative Nachrichten lautet vielmehr – ganz im Sinne des Apostels Paulus –: Lebe und handle in der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit, die Gott Dir durch seinen Geist geschenkt hat (2Timotheus 1,7).

Und vergiss es nicht: Unsere Erlösung naht!